Dessen ganze Dimension stellt sich aber seit einigen Monaten unter Beweis, ausgelöst durch ein beklemmendes und empörendes Ereignis: die sechsköpfige Familie aus Albanien, die sich am vorbildlichlichsten schon seit November 2014 integriert hatte – hochgeschätzt am Arbeitsplatz, beliebt in Schulklassen und Fußballverein, bei den Pfadfindern und der Jugendfeuerwehr, bei Nachbarn und in der Kirchengemeinde – war durch ein grobes Versehen der Ausländerbehörde in der Nacht des 14. August 2017 auf menschenverachtende Weise abgeschoben worden.

 

Mit seiner Reaktion hat das Dorf sein soziales Engagement bei der Bedrohung Einzelner bewiesen:
noch während der Polizeiaktion haben sich Erwachsene und Kinder zusammengefunden, protestiert, diskutiert und der Familie bei ihrem Abtransport zum Trost das Lied Amazing Grace zugesungen. Es hat sich spontan ein Unterstützerkreis #kirchbarkauhilft gebildet, in einer Whatsapp-Gruppe sind mehr als 110 Menschen vernetzt. Zu jedem Presse- oder Fernsehtermin vor Ort sind die Kirchbarkauer sofort da, wollen wissen, wollen helfen, damit ihre Freunde zurückkommen können, denn das ist deren einzige Sehnsucht. Eine befreundete Familie hat sich mit ihren Kindern zu einem Viertage-Besuch auf den unendlich langen Weg gemacht. Über Whatsapp gibt es mit Eltern und Kindern intensivsten Austausch.


Ein kleiner Kreis engagiert sich dem 15. August 2017 auf allen amtlichen und politischen Ebenen, um die Bedingungen für eine Rückkehr zu erfüllen, bis hin zu zwei Reisen nach Tirana, um die Familie dort bei ihren Anträgen an die Botschaft zu begleiten. Da die Familie in Deutschland ohne staatliche Unterstützung auskommen muss, musste sich eine Person finden, die sich zur Abgabe einer Verpflichtungserklärung bereit erklärt, d.h. über fünf Jahre lang im Notfall finanziell einzuspringen. Die Person hat sich gefunden, ihrerseits wiederum vertraglich abgesichert durch eine Haftungsgemeinschaft von mehr als 20 Beteiligten. Über ein Konto werden Spenden gesammelt, um die Familie in der Ferne weiterhin zu helfen.

 

Es ist gut, in solch einem Dorf zu leben, das Fremde aufnimmt, sie bereichert und sich von ihnen  bereichern lässt und sich mit all seinen Möglichkeiten für seine Freunde in Not einsetzt. Die intensive mediale Berichterstattung hat uns bewiesen, dass eine derrtige dörfliche Solidarität mit Menschen in Not tatsächlich etwas Besonderes, Berichtenswertes ist, und wir haben daraufhin von vielen Seiten nicht nur positives Echo hören können, sondern auch Menschen in ähnlichen Situationen Mut gemacht. Der Preis Leuchtturm des Nordens 2018 (https://frsh.de/fluechtlingsrat/leuchtturm-des-nordens/leuchtturm-des-nordens-2017-unterstuetzergruppe-kirchbarkau-hilft/), der uns im Dezember 2017 vom Flüchtlingsrat Schleswig-Holstein verliehen worden ist, ist eine Wertschätzung für #kirchbarkauhilft auf hoher Ebene. Kirchbarkau hilft - und ist stolz. Inzwischen konnten alle Hürden für eine Rückkehr der Familie beseitigt werden und seit dem 2. November 2018 sind alle nach Kirchbarkau zurückgekehrt, arbeiten, machen eine Ausbildung, gehen zur Schule und nehmen wieder am Gemeindeleben teil.

 

Auszug aus Text von: Marie Charlotte Wahl